Ratschläge sind auch Schläge
„Nie komme ich dazu, auch nur ein Buch zu lesen!“ klagt M.
Das sagt ihre beste Freundin dazu: „Ja, das geht mir auch so! Immer kommt was dazwischen…“
Das sagt ihr Ehemann: „Dann reservier Dir doch eine feste Zeit fürs Lesen, in der Du nichts anderes tust! Du darfst Dich eben nicht ablenken lassen.“
Was denkt M. nach dem längeren Gespräch mit ihrer Freundin, in dem sich die beiden wechselseitig darüber geklagt haben, was alles dazwischen kommt, und wie schön das früher war, als sie noch Zeit zum Lesen hatten? ‚Das ist jemand, der mich versteht! Meine Freundin.‘
Was denkt M. nach dem Satz ihres Mannes? ‚Gefühlloser Trottel! Typisch Mann‘, macht ein gekränktes Gesicht und verstummt. Dabei war das wirklich ein guter Ratschlag, der dem Mann schon mehr als einmal geholfen hatte, Zeit für ein Vorhaben zu finden. Aber ein Ratschlag war nicht erwünscht, seine Frau wollte keine Lösung, sondern Mitgefühl. Und außerdem, die Lösung, die der Mann ihr angeboten hat, hat für ihn gepasst, nicht für seine Frau.
Andere Gründe für Ratschläge
Es kann noch andere Gründe geben, Ratschläge zu erteilen. Die glaubt derjenige, der sie erhält, möglicherweise zu erkennen und dann ist er verstimmt:
- Ich weiß etwas!
Das streichelt mein Ego. Es hat etwas von Größenwahn, denn was wissen wir wirklich über den anderen uns seine Probleme? Was wissen wir über seine geheimen Wünsche und die Bedingungen, die die Lösung seiner Probleme erfüllen müssen? Jedenfalls nicht genug, um seine Lösung zu finden. - Ich kenne eine Lösung für Dein Problem.
So dringt man in das Hoheitsgebiet des anderen ein, man versucht sein Denken zu okkupieren. Man lässt ihm nicht die Möglichkeit eigener Gedankenleistung, man denkt für ihn mit. Damit weist man ihm die Rolle eines Kindes zu. - Die Lösung ist doch ganz einfach!
Komm, ich erkläre Dir Deine Probleme. Dann brauche ich auch keine Angst mehr zu haben, dass sich das Problem zwischen unsere Beziehung schiebt, denn ich habe es ja gelöst, auf meine Weise. Und komm mir nicht mit der Lösung, ich solle auf das Kind aufpassen, damit Du lesen kannst! - Sei froh, dass Du mich hast!
Sonst kämst Du überhaupt nicht aus dem Quark! Außerdem habe ich genug eigene Probleme, da will ich mich nicht auch noch Deine kümmern. Ich sag Dir jetzt ganz schnell eine Lösung, und dann lass mich mit Deinem Kram in Ruhe.
Wann sind Ratschläge legitim?
Der Grund für den Ratschlag muss allerdings nichts mit den oben genannten Punkten zu tun haben, aber es lässt sich auch bei bester Absicht des „Ratschlagenden“ nicht vermeiden, dass sich derjenige, der einen Ratschlag erhält, sich unterlegen fühlt. Das ist durchaus nichts Schlimmes, wenn der andere jemand ist, der über das Problem weit mehr weiß als ich und den ich deshalb um Rat gefragt habe. Sind beide allerdings auf Augenhöhe, wie Mann und Frau in unserem obigen Beispiel, fühlt sich die Frau herabgesetzt. Dabei wollte der Mann vielleicht nur schnell und effizient eine Lösung finden.
Zugegeben, das Gespräch mit der Freundin hat keine Lösung für M.s Problem gebracht, aber auf jeden Fall fühlt sie sich mit Ihrem Problem nicht mehr so allein. Sie weiß, dass es noch andere mit dem gleichen Problem gibt, und dass sie nicht dumm ist. Das war ihr wichtig, denn jetzt kann sie über eine Lösung nachdenken, vorher war sie von ihren Selbstvorwürfen blockiert.
Die Lösungsfokussierte Gesprächsführung
Anstatt Ratschläge zu geben, lernen Sie besser mit der Lösungsfokussierung die richtigen und angemessenen Fragen zu stellen. Ich habe hier das Beispiel eines Mannes beschrieben, der sich ungeschickt benimmt. Ich weiß aber, dass es durchaus auch Frauen gibt, die vergiftete Tipps geben. Das führt dann ganz schnell zu einem ausgewachsenen und völlig überflüssigen (Ehe-)Streit.
Wenn Sie lernen möchten, wie das geht, kontaktieren Sie mich bitte. Meine Begleitung ist auf jeden Fall erheblich günstiger als eine Scheidung und tut viel weniger weh!