Neben dem Lösungsfokussierten Vorgehen ist das Systemische Denken und Handeln der zweite Grundsatz, an dem ich meine Begleitung ausrichte.
Ein System besteht aus Elementen, die miteinander interagieren, also zum Beispiel Menschen, die in einer Gruppe zusammenarbeiten, oder auch Familien. Bei der systemischen Betrachtung lege ich besonderen Wert auf die Wechselwirkungen der Elemente eines Systems, nicht aber auf die Eigenschaften der einzelnen Elemente. Ein systemisch Denkender geht davon aus, dass ein Mensch als Element eines Systems keine festen Eigenschaften hat, aufgrund derer er handelt, sondern dass dessen Handeln bestimmt wird von den Interaktionen der Elemente der Systeme, in denen dieser Mensch agiert, und von früheren Erfahrungen mit anderen Systemen. Die Erfahrungen überträgt er mehr oder weniger angemessen auf sein Verhalten in den aktuellen Systemen.
Ich glaube, dass diese Betrachtungsweise richtig ist. Sie ermöglicht es einem Menschen, „nur“ sein Verhalten zu ändern. Müsste er seine Eigenschaften ändern, wäre das ein fast hoffnungsloses Unterfangen.
Für mich als Coach ist systemisches Denken und Handeln kein Werkzeug, sondern eine Haltung. Ich konnte es nicht einfach erlernen, sondern musste meine Denkstruktur ändern. Da wir es von Kindesbeinen gewohnt sind, einem Menschen Eigenschaften zuzuschreiben, würde ich sonst im Eifer des Gefechts immer wieder auf dieses gewohnte Verhalten zurückgreifen.
Zum Systemischen Denken gehört auch eine sozial-konstruktivistische Haltung, die davon ausgeht, dass es eine „wirklich wahre Wirklichkeit“ (Gunther Schmidt) nicht gibt, sondern dass das, was wir als die wirklich ansehen, durch soziale Übereinkünfte erzeugt wird. Die wahrgenommene Wirklichkeit ist ein Konstrukt, das vom früheren Erleben, aber auch von der augenblicklichen Verfassung des Betrachters beeinflusst wird. Die Bedeutung eines Erlebens wird ihm immer vom Erlebenden gegeben. Das Realitätskonstrukt wird so von einem „inneren Realitätskellner“ angeboten, man muss dieses Angebot aber nicht annehmen. Wenn der Kellner aber die „Realität des Tages“ anbietet, wird diese aber trotzdem oft widerspruchsfrei akzeptiert. Vor allem in Stresssituationen wird eine gewohnte Sichtweise bevorzugt.