Im Kreis denken
Im Kreis denken – das klingt, als würden sich die Gedanken ständig um sich selbst drehen, ohne je zu einer Lösung zu kommen. Und so wird der Satz ja auch meist gebraucht. Aber hier soll er einmal eine andere Bedeutung haben, nämlich „kreisförmig denken“.
Der Kopf ist rund, damit wir unsere Meinung ändern können
Wir denken als moderne Menschen in der Regel linear, weil wir die Zeit als linear begreifen, von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft. Früher, als die Menschen noch mehr mit der Natur verbunden waren, haben sie die Zeit zyklisch begriffen: die Jahreszeiten folgen einander und wiederholen sich im nächsten Jahr wieder so wie in diesem und im letzten Jahr, und wie im Jahr davor. Deshalb hatte der Kreis – z. B. als Jahreskreis – eine hohe Bedeutung. Die Jahreszahl hatte kaum Bedeutung, deshalb kennt man auch oft die Geburtsjahre früher Herrscher nicht.
Aber auch, wenn die Menschen im Gespräch zusammen sitzen, betrachten sie sich bewusst als im Kreis befindlich, in dem jeder die gleiche Bedeutung hatte und jeder Gedanke abzuwägen ist. Schon König Arthus hat seinen Tisch rund gemacht, damit klar war, dass die Ritter von der Tafelrunde gleichrangig waren. Aber dan kamen nach dem Mittelalter die klassische Antike und ihre Denker wieder in Mode: vor allem Aristoteles mit seiner linearen Logik, seinem „wenn – dann“ spielte wieder eine größere Rolle. Diese Art zu Denken ist in der Wissenschaft enorm hilfreich und und führt oft zu Lösungen. Aber je komplexer die Zusammenhänge sind, umso weniger lassen sie sich mit einer linearen Logik beherrschen. Wir müssen wieder lernen, „um die Ecke“ zu denken, nicht in Pyramiden, sondern in Spiralen. Nur so können wir die komplexen und chaotischen Zusammenhänge in der Natur begreifen.
Aristoteles ist tot
Weder das „wenn – dann“ noch das „entweder – oder“ hilft uns nicht weiter. Kein vernünftig denkender Mensch setzt heute noch Ökonomie gegen Ökologie, also entweder „Geld verdienen“ oder „Natur schützen“. Wir wissen heute, dass es uns sehr teuer kommen kann, wenn wir die Natur bei unseren Betrachtungen außen vor lassen. Es hilft nur noch ein „sowohl – als auch“, die richtigen Entschlüsse zu fassen.
„Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!“
Das aber kann niemand mehr alleine durchschauen, einsame Entschlüsse und Basta-Lösungen funktionieren nicht mehr. Für solche Fragen müssen wir eng zusammenarbeiten. Hier Lösungen zu finden, verlangt von uns ein Umdenken, einen Paradigmenwechsel, wie er noch nie vorher notwendig war. Die Kinder von „Friday for Future“ haben uns mit der Nase darauf gestoßen. Natürlich liefern sie keine fix und fertigen Lösungen, dafür müssen die klügsten Köpfe zusammenarbeiten. Und das sind ganz bestimmt nicht die, die am lautesten schreien. Wer einfache Lösungen anbietet, hat nichts verstanden. wir brauchen weder Demagogen noch den Großen Vereinfacher, wir brauchen Leute, die sich zu sagen trauen: „Ich weiß es nicht, denken wir doch gemeinsam darüber nach!“