Wie nerve ich meine Mitmenschen am besten?
Es gibt Menschen, die sind ungeheure Nervensägen. Wenn Du sie siehst, könntest Du schon laufen gehen.
Und dann stellst Du fest, dass es andere Menschen gibt, die mit genau dieser Nervensäge gut klar kommen, ja die Nervensäge hat sogar gute Freunde und einen Partner, mit dem sie schon lange und prima zusammenlebt. Wie kann das sein?
Du solltest genau betrachten, was Dich an diesen Menschen nervt. Meist sind das irgendwelche Kleinigkeiten, Marotten, die eigentlich der Rede nicht wert sind, die aber auf Deinen Nerven Klavier spielen. Wie kommt es, dass eine solche Winzigkeit Dich so stört, dass Du mit diesem Menschen nicht auskommst?
Wie es somatische Allergien gibt, gibt es auch psychische. Somatische Allergien entstehen nicht plötzlich, sie brauchen Zeit und einen Reiz, der immer wieder auftritt. Zum Beispiel gelangen Blütenpollen in den Körper, der darauf bei entsprechender Disposition mit erhöhter Aufmerksamkeit reagiert. Später wird der Körper wiederholt mit diesen Pollen überschwemmt, er reagiert mit immer heftigerer Abwehr auf diesen an sich harmlosen Eindringling. Er ist dann gegen diese Pollen sensibilisiert, er ist bereit, gegen sie zu kämpfen. Und er tut es, sobald in Zukunft auch nur ein Pollenkorn vom Körper aufgenommen wird, wird dieser „Eindringling“ mit allen Mitteln bekämpft, obwohl er eigentlich harmlos ist. Die Nase läuft, die Augen tränen, die Kehle schwillt zu, im schlimmsten Fall kommt es zu einem allergischen Schock. Aber nicht alle Leute entwickeln eine Allergie gegen diese Pollen, obwohl andere auch mit den Pollen in Berührung kommen, werden sie nicht sensibilisiert. Während also andere im Frühling ohne Probleme Waldspaziergänge machen, musst Du vielleicht schon nießen, wenn Du auch nur die Abbildung eines Weidenkätzchens siehst.
Genau so ist es mit psychischen Allergien. Wir haben das Verhalten eines Mitmenschen schon so oft erlebt, dass wir dagegen eine unverhältnismäßige Ablehnung entwickeln. Die steht in keinem Verhältnis zu der harmlosen Marotte, aber wir könnten aus der Haut fahren, wir ertragen sie genau so wenig wie der Allergiker das Pollenkorn. Für die Entstehung einer Allergie braucht man also keinen großen Reiz, ein kleiner reicht, aber der muss ständig widerholt werden.
Der Mitmensch, den wir als Nervensäge empfinden, kann vielleicht gar nichts dafür. Vielleicht hat er nur eine Angewohnheit, die Dich schon bei Deinem Bruder oder Deiner Tante auf die Palme getrieben hat. Aber es gibt einige Verhaltensweisen, mit denen Du Deine Mitmenschen ganz bestimmt nerven kannst, wenn Du sie oft genug wiederholst:
- Lerne nörgeln!
schmiere also Deinem Mitmenschen jeden kleinen Fehler aufs Butterbrot, gnadenlos. Sage ihm aber nie, was er besser machen könnte.
- Sammele Rabattmarken!
Merke Dir also alle Fehler, die der andere je gemacht hat, und spreche sie immer wieder an. Fehler sind unauslöschlich und dürfen nicht vergeben werden.
- Suche seinen wunden Punkt und bohre gnadenlos darin herum!
Einmal gefunden, ist der wunde Punkt ausgesprochen praktisch, er ist wie eine alte Wunde, die man immer wieder aufkratzt und die dann immer wieder schmerzt.
- Verhalte Dich narzisstisch!
Denn Du hast immer recht, Du bist der wichtigste Mensch im Universum. Alle anderen sind Luschen.
Wenn Dich ein Mensch mit harmlosen Marotten nervt und Du merkst, dass Deine „allergischen“ Reaktionen absolut unangemessen sind, gibt es dann einen Trick, wie Du Deine Symptome mildern kannst? Vielleicht versuchst Du es mal mit folgender Methode: Stell Dir vor, die Nervensäge wäre tot. Wie würden dann die anderen über seine Marotte sprechen? Im Rückblick würde man sie als einen liebenswerten Tick bezeichnen, über den man lachen kann, und an den man sich im Grunde gerne zurück erinnert.
Ich erinnere mich an meinen Großvater. Er war Beamter, und wenn er etwas erklärte, musste er das immer ganz genau tun. Er hat die ganze Familie damit genervt – bis er tot war, und wir alle seine ausführlichen Erklärungen vermisst haben. Und weißt Du was? Ich habe meinem Sohn auch immer alles ganz genau erklärt. Ob ich ihm damit auf den Geist gegangen bin? Jetzt, wo er aus dem Haus ist und sein eigenes Leben lebt, kann ich es ja zugeben: ich glaube schon.