Erklärung zur systemischen Einzelaufstellung
Zum vorherigen Beitrag (Die Durchführung des lösungsfokussierten Gesprächs)
Dritter Termin: Die systemische Einzelaufstellung
Die systemische Aufstellung, sei sie nun eine Einzel- oder eine Gruppenaufstellung, hat von mehreren Verfahren profitiert, die als ihre Vorläufer angesehen werden können:
- das Psychodrama (Moveno)
- die Skulpturarbeit (Satir)
- das Familienstellen (Hellinger)
- die systemischen Ansätze der Mailänder und der Heidelberger Schule
- die zielgerichtete Parteilichkeit (Böszörményi-Nagy)
Sie wurde von Sparrer und Varga von Kibèd zur Systemischen Strukturaufstellung (SySt®) weiterentwickelt.
Bei der Gruppenaufstellung werden systemfremde Personen als Stellvertreter für die Elemente eines Systems aufgestellt. Diese Elemente können sein:
- Personen
- abstrakte Dinge wie das Ziel, das Eine, das Andere, usw.
- Organe einer Person und deren Symptome
- innere Anteile einer Person
- und vieles mehr
Die Stellvertreter können nun aufgrund ihrer repräsentativen Wahrnehmung wie diese Elemente fühlen, denken und agieren. Wie diese repräsentative Wahrnehmung funktioniert, ist noch unbekannt, viele tausende von Aufstellungen haben aber bewiesen, dass sie funktioniert und zu erstaunlich genauen Ergebnissen führt.
Die Einzelaufstellung geht in ihrer Abstraktion noch einen Schritt weiter: Anstelle von Personen werden hier Gegenstände, sogenannte Bodenanker, gestellt. Bodenanker können Schuhe, Stühle, Spielfiguren, aber auch beschriftete Blätter Papier sein. Die letzteren haben sich als praktisch erwiesen, da man von ihnen schnell fast unbegrenzte Mengen herstellen kann. Der Klient kann sich dann auf sie stellen und so seine repräsentative Wahrnehmung genau zuordnen. Allerdings muss er sich bei jedem Wechsel auf ein anderes repräsentiertes Element zuerst „entrollen“ und danach wieder in die neue Rolle hineinfinden. Das kostet Zeit, was ein wesentlicher Nachteil dieser Methode ist. Außerdem ist der ständige Wechsel des Fokus für den Klienten sehr anstrengend.
Allerdings ist die Einzelaufstellung keine „Aufstellung für Arme“, denn sie hat verschiedene spezifische Vorteile:
- Die Intimität bleibt gewahrt, denn niemand schaut zu. Somit können auch extrem belastende oder peinliche Situationen gestellt werden.
- Die Vertraulichkeit ist gewährleistet. So ist es möglich, Situationen zu stellen, die unbedingt geheim bleiben müssen, wie es z.B. bei Organisationsaufstellungen der Fall ist, die Firmen betreffen und die unbedingt geheim gehalten werden müssen.
- Die Aufstellung kann jederzeit stattfinden, es müssen nicht erst Personen gefunden werden, die bereit sind, sich als Repräsentanten aufstellen zu lassen
- Die Aufstellung kann jederzeit unterbrochen und später fortgesetzt werden, wenn man den Verlauf entsprechend dokumentiert.
- Der Klient ist gezwungen, sich in alle Elemente des untersuchten Systems einfühlen zu müssen, während er bei Gruppenaufstellungen das System nur von außen wahrnimmt und erst zum Schluss als Repräsentant seiner selbst auftritt – andere Elemente werden nicht repräsentativ wahrgenommen.
- Es kommt zu keine Übertragung durch eine systemfremde Person, weil das Thema des repräsentierten Elements durch ein eigenes Thema des Repräsentanten überlagert wird.
- Es ist bei besonders schambelasteten oder vertraulichen Aufstellungen verdecktes Stellen möglich, bei dem nur der Klient die Bedeutung der Bodenanker kennt, sie werden dann nur mit Nummern versehen.
- In besonderen Situationen ist es dem Klient möglich, Aufstellungen ganz alleine, also auch ohne Begleiter, durchzuführen. Das kann man aber nur bei weniger gefühlsbetonten Problemen, wie z.B. einer Entscheidung durch eine Tetralemma-Aufstellung, empfehlen.
Man sieht also, dass die Einzelaufstellung erhebliche Vorteile hat, die in vielen Situationen die Nachteile bei weitem überwiegen
Der Ablauf der Einzelaufstellung
- Der Aufbau
Diese Phase ist die (zeitlich) bei weitem umfangreichste. Der Klient beschriftet nach Maßgabe des Begleiters, der alle zu stellenden Elemente festlegt, zuerst zwei oder drei Blätter und versieht sie mit einem Pfeil, um die Blickrichtung des Elements festzulegen. Dann legt er diese Blätter aus und schaut aus verschiedenen Perspektiven auf das entstehende Bild. Dabei prüft er, was ihm bei der Betrachtung auffällt. Danach stellt er sich auf die einzelnen Blätter und schildert die Körperwahrnehmungen (nicht die Gefühle), die er dabei hat. beim Wechsel von einem Blatt zum nächsten sollte der Begleiter darauf achten, dass der Klient vollständig aus der Rolle heraustritt – sich „entrollt“.
Danach werden weiter Elemente nach Maßgabe des Begleiters ausgelegt.
- Die Strukturierung
Der Begleiter hilft dem Klienten, Umstellungen durchzuführt, so dass die Struktur des Systems deutlich wird.
- Die Ordnung
Der Begleiter stellt die Elemente in eine passende Ordnung, natürlich nicht ohne die Zustimmung des Klienten. Hier werden nun auch einzelne Sätze gesagt, die die Spannungen im System abbauen helfen.
- Schlussbild
Wenn die endgültige Ordnung der Aufstellung erreicht ist, nimmt der Klient das Bild der Aufstellung auf und bewahrt es in seinem Herzen.
Die kataleptische Hand
Die Kataleptische Hand ist ein Mittel für den Begleiter, Tests während einer Aufstellung durchzuführen, vor allem, wenn er das Gefühl hat, dass noch Elemente in der Aufstellung fehlen. Wir verstehen darunter ein Haltung der eigenen Hand, die sozusagen vom Körper abgespalten ist und wie ein „unabhängiger Repräsentant“ agieren kann. Sie wird auch vom Klienten so wahrgenommen, als wenn sie nicht zum Körper des Begleiters gehören würde, sondern als ein Element zum gestellten System. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Hand in verschiedene Höhen gehalten werden kann, und so in Verbindung mit der Körpergröße des Klienten einen wichtigen Hinweis gibt, wenn dieser sich in einer kindlichen Phase befindet.
Der nächste Beitrag, die Durchführung der systemischen Einzelaufstellung, folgt am 24.01.2016