Vom Umgang mit Verstorbenen
Trauernde durchleben nach dem Verlust vier Phasen, die nicht übersprungen werden können:
- Nicht wahrhaben wollen des Verlustes
- Wut, Zorn auf den Verstorbenen, Angst vor dem leben ohne ihn
- Entfremdung vom Leben, Nähe zum Toten
- Akzeptanz des Verlustes, Rückwendung zum Leben
Die Trauerarbeit dauert normalerweise ca. ein Jahr – deshalb spricht man auch vom Trauerjahr. Es ist hilfreich in dieser Zeit einen psychologisch geschulten Begleiter zu haben, der hilft, mit der Trauer umzugehen. Dabei geht es allerdings nur um den Hinterbliebenen selbst.
Unterstützung für den Verstorbenen
Es kann allerdings sein, dass auch der Verstorbene Hilfe benötigt. Wenn wir spüren, dass der Verstorbene die jenseitige Welt nicht erreichen kann, sollten wir uns auch für ihn um Begleitung bemühen, denn sonst ist für uns die vollständige Rückkehr zum Leben und die Loslösung vom Verstorbenen nicht möglich. Ein solcher Schritt sollte aber erst geschehen, wenn wir mindestens in der dritten Trauerphase sind.
Die Loslösung vom Verstorbenen heißt nicht, dass wir zu ihm keinerlei Verbindungen mehr haben, sondern dass uns diese Verbindung nicht daran hindert, die Aufgaben, die wir im Leben haben, zu erfüllen. Denn Verstorbene können uns Hilfe bieten und uns liebevoll begleiten.
Die erste Frage, die wir uns stellen sollten, ist: Wenn der Verstorbene die jenseitige Welt nicht erreicht, gibt es noch Unerledigtes zwischen uns und dem Verstorbenen? Was wollten wir ihm noch sogen? Was wollte er uns noch sagen? Was ist nie zur Sprache gekommen? Welche seiner Ressourcen müssen aktiviert werden?
Um einen häufigen Irrtum aus dem Weg zu räumen: Arbeit mit und für Verstorbene ist weder gefährlich noch unheimlich. Es hat weder etwas mit Tischerücken noch mit Seancen zu tun. Tote sind freundlich, oft freundlicher als sie im Leben waren, denn sie haben sich meist von persönlichen Interessen gelöst. Und sie wollen uns nicht „nachholen“, denn sie sind nicht neidisch auf uns Lebende.
Aufstellungsarbeit
Bei den oben genannten Fragen hilft die Technik des Aufstellens, die von einem Coach begleitet werden muss. Der Hinterbliebene (Klient) sucht einen Standort für sich selbst und für den Verstorbenen. Dann stellt er sich als Stellvertreter für sich selbst auf und sagt in dieser Rolle, was er dem Verstorbenen noch zu sagen hat. Er wechselt in die Rollen des Verstorbenen und antwortet auf das eben Gesagte oder bringt eigene Themen vor. Manchmal ist ein Wechsel in eine dritte Rolle, die des Beobachters, notwendig, sie lässt den Klienten die Dynamik des Wortwechsels erkennen.
Der beschriebene Rollenwechsel kann mehrfach ausgeführt werden, auch bei verschiedenen Terminen, bis alles zwischen dem Verstorbenen und dem Hinterbliebenen gesagt wurde, was zu sagen war. Dabei können auch die Positionen der Stellvertreter zueinander geändert werden.
Ist die Kommunikation schwierig, hilft es manchmal, einen weiteren Verstorbenen als Ressource hinzuzunehmen, wenn dieser mit der Welt der Lebenden und vor allem mit dem Klienten im Reinen ist. Ist alles gesagt, wird die Aufstellung beendet.
Hilfe ist auch möglich, wenn wir von einem Verstorbenen unbewusst dessen Lebensaufgabe übernommen haben. Wenn wir seine Last tragen, die nicht die unsere ist, hindert hindert diese uns daran, unser eigenes Leben zu führen. Sympathie und falsch verstandenem Pflichtgefühl bringt uns dann zum Beispiel dazu, unseren eigenen Erfolg unbewusst zu sabotieren, um so dem Verstorbenen nachzueifern, der selbst keinen Erfolg hatte. Dies zu erkennen und zu sehen, dass das dem Verstorbenen nicht hilft, und ihm seine irrtümlich von uns übernommene Lebensaufgabe zurückzugeben, auch das kann in einer Aufstellung geleistet werden.
Den schwarzen Draht kappen
Hält der Verstorbene eine Verbindung zum Hinterbliebenen, der diesem Kraft raubt, versucht er also aus Angst vor dem Übergang Energie für sich zu gewinnen, ist der „Draht“, der das Abzapfen ermöglicht, zu kappen. Sowohl das Erkennen dieser Verbindung als auch deren dauerhafte Entfernung ist eine Ritualarbeit, die oft nur von einem erfahrenen schamanisch Tätigen geleistet werden sollte. Holen Sie sich also möglichst Hilfe, wenn Sie sich nicht absolut sicher sind, dass Sie das selbst schaffen.
Psychopomp
Eine weitere schamanische Arbeit ist der Psychopomp, also die Begleitung des Verstorbenen zur Welt der Toten. Dabei ist es wesentlich, dass der Verstorbene den letzten Schritt alleine oder in Begleitung eines Wesens aus der Welt der Anderswelt macht, denn die Welt der Toten kann und darf von Lebenden nicht betreten werden.
Der Psychopomp ist, auch wenn es nicht so aussieht, ein umfangreiches schamanisches Ritual. Der Hinterbliebene sollte dazu Grundkenntnisse und erste Erfahrungen im schamanischen Reisen haben und sich, auch wenn er selbst erfahren ist, von einem erfahrenen schamanisch Arbeitenden begleiten lassen. Es ist eine Reise in die mittlere Welt, die der Hinterbliebene selbst – wenn auch nicht alleine – unternehmen muss. Begleitung ist nötig, weil die mittlere Welt nicht einfach zu bereisen ist und weil er durch den persönlich Kontakt mit dem Verstorbenen sehr stark involviert sein kann.
Der Verstorbene „lebt“ in einer Anderswelt, in der Zeit eine andere Bedeutung hat. So kann ein Ritual, das wir heute durchführen, paradoxerweise in der Vergangenheit wirksam werden. Wir können also einen Verstorbenen zum Zeitpunkt seines Todes unterstützen, obwohl er schon lange tot ist. Versuchen Sie das bitte nicht mit dem Verstand zu begreifen, das geht nicht, nehmen Sie es einfach als gegeben hin, und wenn Sie nicht glauben können, dass es funktioniert, tun Sie einfach so, als würde es funktionieren, dann funktioniert es nämlich auch.
Nicht jeder Verstorbene braucht eine solch intensive Begleitung, viele haben bei ihrem Tod schon mit dem Leben abgeschlossen und gehen leicht in die andere Welt. Trotzdem sollten wir immer überprüfen, ob Hilfe für uns oder für ihn notwendig ist. Wird eine notwendige Hilfe nicht gewährt, schadet das nicht nur dem Verstorbenen, sondern auch uns. Wir kommen dann nicht über den Tod hinweg und halten damit den Verstorbenen von seinem Übergang ab, verhindern also seinen endgültigen Abschluss seines Lebens. Von daher sind auch die Kreuze an den Straßen für dort gestorbene Unfallopfer problematisch, wenn sie nicht nach der Trauerzeit weggeräumt werden.
Kontaktieren Sie mich, wenn Sie Hilfe bei den oben beschriebenen Aufgaben wünschen. Wir werden dann gemeinsam überlegen, wie diese Hilfe aussehen kann.
Der eigene Tod
Noch etwas: Wir sollten uns auch auf unseren eigenen Tod vorbereiten. Wir sollten unser Leben so aufräumen, dass wir jederzeit gehen können, und wir sollten uns mit dem Tod vertraut machen. Panik vor dem Tod hindert uns daran, unser Leben zu vollenden. Es gibt Sicherheit, den Tod persönlich kennenzulernen, ihn als den Freund zu erkennen, der er für die Menschen ist. Er ermöglicht den Abschluss, wenn es genug ist, den Wandel und die Weiterentwicklung, er ist der Stillstand vor dem Neubeginn. Aber das ist ein anderes Thema, über das Sie hier lesen können.