Gehört Weihrauch zu den heimischen Pflanzen?
Die Frage, über die ich heute schreiben möchte, passt so richtig zu Weihnachten. Die heiligen drei Könige haben ja als Gastgeschenk Weihrauch und Myrrhe mitgebracht – sehr kostbar damals, aber Windeln und ein paar Strampler wären wahrscheinlich praktischer gewesen.
Ich habe es mir zum Grundsatz gemacht, nur mit heimischen Kräutern schamanisch zu räuchern. Dabei bin ich allerdings nicht päpstlicher als der Papst. Als heimisch bezeichne ich auch eingewanderte Arten, die hier schon lange gedeihen und von den Menschen als heimisch betrachtet werden. Ein Beispiel ist der Salbei als männlicher Gegenspieler zum eher weiblichen Beifuß. Der Salbei wurde, wie einige anderen Garten- und Heilkräuter auch, erst vor guten 1000 Jahren von den Mönchen aus dem Mittelmeerraum in unsere Breiten gebracht – übrigens auf Anordnung Karls des Großen, der hier eine ähnliche Rolle spielte wie der Alte Fritz bei den Kartoffeln. Kaiser Karl hatte allerdings einen anderen Grund, er wollte diese Heil- und Würzkräuter bei seinen Reisen durch sein Reich immer verfügbar haben.
Der Salbei gedeiht hier gut in sonnigen, trockenen Lagen. Er hatte genug Zeit, sich anzupassen und seinen mediterranen Charakter abzulegen und gehört nun zur heimischen Flora.
Anders ist das übrigens beim sogenannten Wüstensalbei aus den USA. Diese Beifuß-Art wächst nicht bei uns. Er braucht das Wüstenklima, aus dem er stammt und sollte auch von den indianischen Nationen genutzt werden, die ihn kennen. Ich lehne ihn deshalb als Räucherpflanze für den schamanischen Gebrauch ab, obwohl ihn viele Leuten aufgrund seines kräftigen Aromas nutzen.
Wie steht es nun mit dem Weihrauch?
Nun, der Boswellia-Baum wächst hier nicht. Er braucht das Wüstenklima Arabiens und des Horns von Afrika. Aber wir kennen den Weihrauch seit vielen Jahrhunderten. Die Kirche nutzt ihn, und viele Menschen sind mit dem Weihrauchduft groß geworden. Er ist uns also vertraut und wir bekommen Bilder, wenn wir ihn riechen.
Ist er deshalb als heimische Räucherpflanze zu betrachten? Ich denke nicht. Ich nutze zum gleichen Zweck, zu dem in anderen Kulturen Weihrauch genutzt wird, heimisches Nadelbaumharz, weil es hierher passt. Allerdings gibt es gute Gründe, Weihrauch, vor allem in katholischen Gegenden, als heimisch zu betrachten. Jeder mag hier seinen eigenen Gedanken und Gefühlen folgen.
Übrigens, ist Ihnen vom Weihrauchnebel in der Kirche immer schlecht geworden? Dann sollten Sie einmal echten, guten Weihrauch von Boswellia-Bäumen probieren! Ich war beim ersten Mal verblüfft, wie gut der duftet. Meist kommt es bei maßvollem Genuss auch bei vorbelasteten Menschen nicht zu Übelkeit. Guter Weihrauch ist allerdings teuer – je besser, umso teurer (200,- € pro Kilo und mehr). Deshalb werden in der Kirche meist günstige, parfümierte Ersatzmischungen verwendet. Nichts gegen eine gute Parfümierung mit ätherischen Ölen! Ich empfehle Weihrauch mit Nachtkerze von den Mönchen aus Athos, das ist ein außergewöhnliches Dufterlebnis! Leider habe ich nur noch ganz wenig davon, wer eine Quelle weiß, bitte melden!
Sie merken schon, auch ich nutze Weihrauch, wie auch Myrrhe, Copal und andere exotische Räucherstoffe, allerdings nicht für die schamanische Arbeit, sondern „nur“ zum Genießen.