Social Correctness vs. Political Correctness
Weihnachten ist gerade vorbei – das Fest der Freude und der Nächstenliebe. Gleichzeitig schimpft jeder – der eine offen, der andere insgeheim – auf die Political Correctness, ja manche machen aus dem Protest gegen deren Auswüchse geradezu eine Wutkultur. Was hat das eine mit dem anderen zu tun?
Seien wir mal ganz ehrlich, würde es eines der Kinder, das unterhalb der Armutsgrenze leben muss, interessieren, ob es „arm“, „Harzler“ oder „weniger reich“ genannt wird, wenn es wüsste, woher es das Geld für den nächsten Schulausflug bekommen kann? Würde es einen Rollstuhlfahrer interessieren, ob er als „behindert“ oder als „körperlich besonders herausgefordert“ bezeichnet wird, wenn er wüsste, dass das Geld für die nächste Reha gesichert ist, wenn er sie braucht, und nicht, wenn er „dran“ ist? Ich wage zu behaupten, wie sie bezeichnet werden, wäre diesen „Randgruppen“ völlig egal, wenn sie nicht auch noch sozial diskriminiert würden, sondern sich als Teil der Gesellschaft fühlen könnten.
Warum wird Political Correctness von der politischen Klasse so vehement unterstützt?
Symptomatisch ist, dass die Forderung nach Political Correctness aus einem der unsozialsten Staaten der Welt kommt, aus den USA. Und diese Forderung kommt auch nicht von den Betroffenen selbst, sondern sie ist eine Erfindung der politisch führenden Kaste. Warum haben unsere Politiker das so bereitwillig übernommen, obwohl es für diese Forderung noch nicht einmal einen gängigen deutschen Begriff gibt?
Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund:
Ein Erlass, der zu Political Correctness führen soll, kostet fast nichts. Da beschäftigen sich ein paar hohe Beamte ein paar Wochen mit dem Thema, der Erlass wird durchgewunken und fertig. Das sind übrigens die selben Beamten, die mit ihren Verordnungen und Ausführungsbestimmungen zu Sozialgesetzen helfen, unser Land immer unsozialer zu machen.
Social Correctness hingegen , die angemessene Teilhabe aller am Reichtum Deutschlands – Geld ist ja da in dieser unserer Republik, wir würden das schaffen – wird teuer für die Leute, die den größten Einfluss auf unsere Politiker haben. Die müssten dann von ihrem exorbitanten Einkommen etwas abgeben, und das wäre dann natürlich „Enteignung“.
Die Wut der Bürger …
Aber ein Problem bleibt ein Problem, auch wenn man es eine Herausforderung nennt. Und so haben mehr und mehr Bürger das Gefühl, dass die Sache mit der Political Correctness ein großer Beschiss ist. Und wer dann nicht recht greifen kann, warum er sich verarscht fühlt, der ist deshalb umso wütender, wenn mal wieder eine „korrekte“ Bezeichnung für einen sozialen Missstand erfunden wird.
Das Fatale ist, dass diese Leute dann nicht gegen das „korrekte“ Wortungetüm protestieren, das den Missstand verschleiert, sondern in ihrer hilflosen Wut gegen die, die mit diesem Begriff bezeichnet werden. Hier muss Aufklärung ansetzen! Es hilft nichts, wenn wir gegen Menschen vorgehe, die auf der sozialen Leiter eine Stufe unter uns stehen. Werfen wir sie aus dem Land, stehen wir nämlich selbst auf dieser niedrigen Stufe. Die Angst, die wir haben, kommt aus einer anderen Quelle: die Erfahrung hat gezeigt, dass soziale Zuwendungen immer von denjenigen bezahlt wurden, die es selbst nicht so üppig haben. Aber der Protest gegen Zigeuner, Ausländer, Flüchtlinge oder wen auch immer, gegen die betroffenen Menschen also, hilft uns nicht, er hilft nur denjenigen, die ein Interesse daran haben, Ungerechtigkeit zu verschleiern.
… und die Taktik der Rattenfänger
Ein gutes Beispiel dafür ist Donald Trump, der Milliardär, der sich seine inszenierten Pleiten vom Staat, also von den kleinen Leuten (die großen Leute zahlen in den USA fast keine Steuer) bezahlen hat lassen. Und genau dieser Mann, der die Umverteilung des Geldes von unten nach oben skrupellos nutzt, führt sich als Retter eben dieser kleinen Leute auf, denen er gerade noch in die Tasche gegriffen hat. Er schart sie hinter sich, indem er mit Worthülsen klingelt und die wirklich großen Probleme der USA simplifiziert mit dem Spruch, er wolle Amerika (sind die USA Amerika?) wieder groß machen. Schließlich und endlich wird er vielleicht ein paar Verordnungen der Political Correctness außer Kraft setzen, das wird dann ein Riesenaufreger, aber der lenkt nur von den eigentlichen Problemen ab, zu deren Lösung er nichts tun wird. Wahrscheinlich muss er auch noch wie Vater und Sohn Busch einen Krieg anzetteln, um seine innenpolitischen Probleme zu verschleiern. Bei seiner Hybris und Selbstbezogenheit muss das dann natürlich ein großer Krieg sein, würdig eines großen Mannes – so sieht er sich – und einer großen USA, dessen Lasten allerdings wieder von kleinen Leuten getragen werden, pekuniär und mit ihrem Blut und Leben. Und so kosten die Minderwertigkeitskomplexe eines Mannes einem Land Milliarden und – schlimmer – hunderte von Menschenleben. Eine Therapie zur rechten Zeit wäre billiger gewesen.
Klares Denken tut Not!
Lassen wir uns also nicht die Sinne vernebeln! Versuchen wir, hinter die Dinge zu schauen, um ihre wahren Ursachen zu erkennen. In dieser schwierigen Zeit dürfen wir uns nicht von Rattenfängern, die simple Melodien blasen, einfangen lassen. Und seitdem Lügen gesellschaftsfähig geworden sind, müssen wir Aussagen hinterfragen, uns vor allem fragen: „Wem nützt das?“. Die Rattenfänger lügen schneller, als sie widerlegt werden können, denn eine Lüge ist schneller in die Welt gesetzt als sorgfältig recherchierend widerlegt – und das wissen diese Damen und Herren. Es zeigt sich wieder einmal: Eine Lüge ist billig, die Wahrheit teuer – aber nur am Anfang, später wird die Lüge teuer.
Und denken wir weiter – welche Konsequenzen haben die vorgeschlagenen simplen Lösungen? Wollen wir wirklich an unseren Grenzen hunderte von Menschen erschießen, die verzweifelt genug sind, ihre Heimat zu verlassen? Wollen wir wirklich jemanden „zurückschicken“, dessen Großeltern wir als Arbeitskräfte in unser Land geholt haben, der in der dritten Generation bei uns lebt und der das Land seiner Großeltern gar nicht mehr kennt? Wenn wir das wollen, sind wir nicht besser als der Ku-Klux-Klan, der farbigen Bürgern der USA, deren Vorfahren vor Generationen als Sklaven aus Afrika geholt wurden, zwingen will, die Sünden ihrer sklavenhaltenden Ahnen auszubaden und „nach Afrika zurückzugehen“.