Macht schamanisches Tun süchtig?
„Quatsch mit Soße!“ würde man auf diese Frage am liebsten antworten. Bis man zum zweiten Mal darüber nachdenkt.
Die Wesen der Anderswelt helfen bei Schwierigkeiten. Das tun sie gern und wirkungsvoll. Warum sollte man denen jetzt nicht alle Probleme, die man hat, zur Lösung überlassen? Wäre doch praktisch, oder? Selbst Nachdenken macht Aua im Kopf, und die „Spirits“ wissen doch sowieso alles besser.
Und schon ist man in einer Abhängigkeit, für jede Kleinigkeit wird eine Reise unternommen, und vor allem ist man nach einiger Zeit nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen und selbst zu entscheiden. Das aber ist ein typisches Symptom einer Sucht.
Tatsächlich gibt es Leute, die Schamanismus betreiben, und wie jeder -ismus ist auch der nicht sinnvoll. Nicht umsonst hatten und haben alle traditionellen Schamanen einen Beruf, ihre schamanische Arbeit war und ist immer Teilzeitarbeit gewesen. Sie konnten von ihrem Erstberuf leben, waren von den Einkünften aus dem „Nebenberuf“ nie abhängig. Anders als Menschen, die den lieben langen Tag nichts anderes machen als schamanisieren, das ist wirklich gefährlich.
Die Wesen der Anderswelt helfen wie gesagt gerne, aber wenn man sie wegen Fragen oder Problemen angeht, die man selber lösen könnte, werden sie ungehalten. Es kommen dann so Antworten wie: „Das kannst Du auch selber!“ oder: „Ich glaube Dir geht’s nicht gut, selber Denken macht schlau!“ Und wenn man Pech hat, wird man aus der Anderswelt herausgeworfen, schneller als man „Schamanismus“ sagen kann. OK, denke ich mir dann, da hättest Du wirklich besser nachdenken können, ich gebe mein „Versagen“ zu und gelobe, es das nächste mal besser zu machen.
Was machen dann Menschen, die von ihrer schamanischen Arbeit abhängig sind und nur aus dieser ihr Selbstwertgefühl oder ihre Einkünfte beziehen? Sie brauchen unbedingt eine Lösung für das Problem eines Klienten, ein Versagen würde ihren Ruf ruinieren. Und so denken sie sich eine Lösung aus. Das wäre ja an sich nicht schlimm, aber sie geben sie dann auch noch als eine Lösung aus, die sie aus der Anderswelt erhalten haben. Das ist Betrug und wird von der Anderswelt bestraft, indem der weitere Zutritt verboten wird. Und schon müssen diese Leute weiter betrügen, manchmal auch sich selbst, indem sie sich vormachen, alles wäre in Ordnung.
Halten wir also fest: Wenn ich versuche, für alle Problemchen in der Anderswelt eine Lösung präsentiert zu bekommen, wird das nicht klappen. Die Anderswelt wird dem einen Riegel vorschieben. Somit ist keine Suchtgefahr gegeben. Was allerdings süchtig macht, ist vorgespiegelter „Erfolg“, denn den muss man immer weiter vorspiegeln:
„Das eben ist der Fluch der bösen Tat,
dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.“ (Schiller, Wallenstein)
Ich verspreche Ihnen, dass ich bei allen meinen Begleitungen und Workshops darauf achte, Täuschungen und Selbsttäuschungen zu vermeiden, so dass es nicht zu Abhängigkeiten kommt.